Zwei Fehler macht Florian Heft in seiner Schiedsrichterprüfung am Ende des Wochenendlehrgangs im Klubhaus des Piesberger SV im Jahr 2005, so erinnert er sich zumindest. Zu dem Lehrgang meldet er sich an, weil er selbst in der Jugend seines Heimatvereins SV Eintracht Neuenkirchen Fußball spielt und nebenbei Mannschaften trainiert. "Es haben Schiedsrichter gefehlt und der Verein musste Strafe zahlen. Teilweise mussten die Mannschaften auch selber Schiedsrichter stellen und ich wollte das Regelwerk kennen", sagt Heft heute.
Mit zwei Freunden fährt er also am Wochenende nach Pye, um seinem Verein zu helfen. Vier Jahre später pfeift der 19-jährige Heft in der Oberliga, mit 20 ist er in der Regionalliga und mit 25 leitet Heft sein erstes Spiel in der 2. Bundesliga. "Ziel war es nie, in die Bundesliga zu kommen, daran habe ich nie gedacht", sagt Heft. Und doch ist er inzwischen Teil des Millionengeschäftes.
Hefts erstes Spiel hat damit noch überhaupt nichts zu tun. Freitagabend, Frauen Kreisliga in Voltlage: Der 15-Jährige zeigt sogar eine Gelb-Rote-Karte wegen Meckerns. "Vielleicht hat da ein bisschen Erfahrung gefehlt, ich habe einfach eine Regel knallhart durchgesetzt. Die Mannschaften waren trotzdem zufrieden", sagt Heft. Am Tag danach: A-Jugend Kreisliga in Badbergen: Heft zeigt eine Rote Karte. Aber, so erinnert er sich: "Beide Trainer waren zufrieden und der Trainer hat eurer Zeitung sogar gesagt, dass ich super gepfiffen hätte." Zwei Platzverweise in den ersten beiden Spielen sind nicht der beste Start, aber das Talent fällt auf.
Dank der Pfeife zur Frau
Der Neuenkirchener steigt schnell Liga um Liga auf, wird mit 18 sogar Schiedsrichter-Lehrwart im Kreisverband. Heft lernt seine heutige Frau Corinna über die Schiedsrichterei kennen. Sie selbst pfeift Spiele bis zur 2. Bundesliga bei den Frauen. "Deshalb hat sie heute viel Verständnis für den Aufwand, den ich betreiben muss", sagt der Vater einer Tochter. Das zweite Kind ist inzwischen unterwegs - und Corinnas Karriere deshalb beendet.
Seit 2014 wohnt die Familie wieder in Neuenkirchen, Florian Heft arbeitet bei der Kreissparkasse Bersenbrück in leitender Funktion, der Aufwand ist auf allen Seiten enorm. "Ich trainiere sechs bis siebenmal die Woche", sagt Heft, der sich als Leistungssportler sieht. "Ich laufe elf bis zwölf Kilometer pro Spiel. Und es ist ja so: Du musst in der 90. Minute genauso fit sein wie in der ersten."
Gerade jetzt in der Coronakrise ist die Betreuung durch den DFB hilfreich. Über eine App bekommt er einen individuellen Trainingsplan. Diesen setzt Heft entweder im Fitnessstudio im Sparkassen-Keller, im heimischen Garten oder auf der Sportanlage in Neuenkirchen um. Im Eintracht-Stadion wächst Heft auf. Direkt an der Anlage ist er als Jugendlicher zuhause - Vater Helmut wohnt dort noch immer und pflegt die Plätze. "Ich bin viel im Fußball unterwegs und viel auf Reisen bei etwa 60 Spielen im Jahr. Das Zuhause ist da natürlich ein Rückzugsort und wenn man nach Hause kommt, gibt einem das mentale Kraft", sagt Florian Heft.
Und die braucht der 30-Jährige, wenn er in den großen Stadien des Landes aufläuft. Als Schiedsrichter in der 2. Bundesliga und Assistent in der Bundesliga hat Heft schon einiges gesehen. Ein "bestes Spiel" gebe es zwar nicht, Heft erinnert sich aber gerne an Auftritte in der Allianz Arena in München oder vor 80.000 in Dortmund. "Das ist atemberaubend und nicht ganz real, dort dabei zu sein", sagt er. Immerhin passen auf die kleine Tribüne im Eintracht-Stadion nur knapp 100 Leute.
Dort kennt ihn jeder, wenn er seine Runden dreht. Auf den Plätzen der 2. Bundesliga ist er aber nach insgesamt 40 Spielen inzwischen auch bekannt. "Die Spieler kennen einen mittlerweile", sagt Heft. Spiele leitet er mit einer "norddeutschen, ruhigen Art", sagt er. "Ich kann aber auch sehr präzise und direkt werden, wenn es sein muss." Besonders helfe die Erfahrung aus fünf Zweitligajahren. "Ich lasse jetzt deutlich mehr laufen als in meinem ersten Jahr. Das wissen auch die Spieler zu schätzen", sagt er.
Bundesliga jetzt das Ziel
Mit fünf Jahren Erfahrung ist Heft ein etablierter Zweitliga-Schiedsrichter - und trotzdem mit 30 Jahren noch der viertjüngste. Geht es also bald noch weiter nach oben? "Sportlich gesehen möchte ich natürlich den Aufstieg schaffen. Es ist mein Ziel, mal in der Bundesliga zu pfeifen", sagt Heft. Aber:
„Ich kann mich nur durch Leistung empfehlen und die Sportliche Leitung wird entscheiden.“
15 Jahre nachdem Heft eigentlich nur seinem Verein helfen wollte, hat er die Bundesliga also doch fest im Blick. Dennoch hat er seinen Ursprung, das Schiedsrichterwesen auf den Sportplätzen im Kreis nicht vergessen. "Die Schiedsrichter hier im Kreis und Bezirk machen einen guten Job, der nicht einfach ist. Sie sind Helden, die jedes Wochenende dafür Sorge tragen, dass wir unseren Sport ausüben können", sagt er. Und das gilt in Neuenkirchen oder Voltlage genauso wie in München oder Dortmund.